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Mit rollendem Kulturgut unterwegs

„Genussreisen“ bedeutet nicht nur die Wahrnehmung des gastronomischen Angebots am Wegesrand, sondern auch die Art der Fortbewegung. Und in einer immer schneller werdenden Welt, ist es durchaus auch ein Genuss, etwas langsamer zu reisen. Und richtig abenteuerlich ist es, wenn große Kerle auf kleinen Maschinen unterwegs sind, die vor 40 bis 50 Jahre gebaut wurden und als Oldtimer gelten – eben rollendes Kulturgut.

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Die ganze Story

 

Nachdem die Mopedfreunde in den letzten Jahren gemeinsam schon einige tausenden Kilometer heruntergespult haben, stand in diesem Jahr eine viertägige Tour durch das Elsass und die Vogesen auf dem Programm. Ursprünglich waren rund 800 Kilometer geplant, am Ende waren es mit einigen Extra-Routen knapp 900.
Mit neun Mann machte man sich auf den Weg und nahm ab Ingelheim erst einmal Kurs auf die Deutsche Weinstraße und die Pfalz.
Auf dem Weg sollte die Gruppe aber noch durch allerlei technische Defekte aufgehalten werden. Der Riss eines Gaszugs am frühen Morgen war dabei das geringste Problem.

Die erste Station der Tour führte passender Weise ins Motorrad-Technik-Museum in Quirnheim. Das hat eigentlich nur am Wochenende geöffnet, doch für die Oldtimer-Fans aus dem Rheingau machte man eine Ausnahme und der Vorsitzende Franz Bernsteiner führte die Gruppe persönlich durch das Museum, das nicht nur motorisierte Zeitgeschichte beinhaltet. Auch alte Schreibmaschinen und Fotoapparate sind zu bewundern. Doch im Mittelpunkt stehen natürlich Motorräder in allen Größenordnungen aus verschiedenen Epochen und Ländern sowie Stationärmotoren. Das Museum hat der Verein in Privatinitiative auf dem ehemaligen Raketenabschussgelände der Amerikaner eröffnet.

Zur Zeit hat der Verein 180 Mitglieder, größtenteils Motorrad- und Technikbegeisterte bzw. Sammler, die sich den Erhalt von Kulturgütern zum Ziel gesetzt haben.
Insbesondere der Jugend möchte man so an verschiedenen Objekten die Technik und die handwerkliche Einrichtung vergangener Jahrzehnte näher bringen, um das Interesse an Technik zu fördern.

Neben Raritäten aus den Vorkriegsjahren enthält die Sammlung auch Maschinen jüngeren Datums, die zugleich für einen besonderen Lebensstil stehen.
Das einzige Auto in der Sammlung ist ein Goggo Coupé mit Zweitaktmotor. An die DDR erinnern Modelle von MZ und Simson. Aber auch alte Hersteller, wie Bauer, Rabeneick oder NSU tauchen auf, etwa mit der Hebammen-Quickly. Nach einer guten Stunde verabschiedete sich die Gruppe.

Pech und Pannen

Allerdings sorgte die Zündapp CS 50 Sport von Thorsten Sandtner – wie einige Kilometer zuvor – schon bald für einen weiteren Stopp. Der reparierte Gaszug hatte sich aus dem Schieber gelöst. Grund war eine Abnutzung, wodurch sich der Nippel des Zuges durch das Loch im Schieber gezogen hatte. Chefmechaniker Philippe Roose kürzte daraufhin einfach die Vergaserfeder und verstärkte mit diesem Stück das Gaszugende und es konnte weitergehen.

Mit einem Schlenker in Richtung Westen machte man einen Abstecher durch den Pfälzer Wald und konnte so im Forsthaus Lindemanns´s Ruhe hoch über Bad Dürkheim die Mittagsrast einlegen. Die urige Waldgaststätte mit Geweihen, Kronleuchtern und Biergarten serviert gutbürgerliche deutsche Speisen. Und Inhaber Dietmar Noss, der auf die Gruppe mit den alten Mopeds aufmerksam wurde, hatte auch noch ein paar praktische Tipps für das Tagesziel „Wissembourg“ in petto.
Vorbei an den Wurstmarktständen in Bad Dürkheim rollte der Trosse in Richtung Wachenheim. In der Sektkellerei Schloss Wachenheim probierte man ein besonderes Gläschen Crémant aus der Pfalz.


Aber die nächste Panne ließ nicht lange auf sich warten. Philippe Rooses Yamaha DT 50 M hatte Fehlzündungen. Am Zündkontakt flogen die Funken. Kurzerhand wurde im freien Feld die Zündung ausgebaut und ein neuer Kondensator eingelötet. Doch das Schrauben hatte damit kein Ende. Nur wenige Kilometer weiter schwächelte die alte Kreidler von Reiner Licha. Das Problem war schnell ausgemacht: die Kupplung rutschte. Also wurde das Getriebeöl abgelassen, um den Seitendeckeln öffnen zu können und die Anpressplatte angezogen. Deckel drauf, Öl rein und weiter ging´s. Doch zwischenzeitlich hat man lieber schon einmal im Hôtel d'Alsace bescheid gegeben, dass die Ankunftszeit um rund anderthalb Stunden überschritten wird. Doch selbst das war optimistisch. Denn nur acht Kilometer vor Wissembourg, auf einem Weinbergsweg, versagte die Zündung der Yamaha endgültig und ließ sich nicht mehr zum Leben erwecken. So half nur noch das gemeinsame Anschieben des Kollegen, damit er ins Ziel rollen konnte.
Dank des Tipps von Dieter Noss ergatterte man um 20 Uhr noch einen Tisch im Restaurant „Le Petit Dominicain“ in der Hauptstraße. Typisch elsässer Speisen und Wein konnten die Rheingauer hier im lauschigen Innenhof mit Blick auf das ehemalige Dominikaner Kloster genießen, in dem heute die Mediathek der Stadt untergebracht ist.


Getrennte Wege

Am nächsten Morgen sollte recht früh die Reparatur der Zündung der DT 50 erfolgen. Sowohl eine Zündspule, wie auch der Kondensator wurden mit Hilfe eines Lötkolbens ersetzt, der Kondensator sogar nach außen gelegt, um ihn vor Überhitzung zu schützen. Bei aller Mühe blieb am Ende der notwendige Zündfunke aus.
Es musste also ein Plan B her, weil die nächsten Etappen zeitlich eng getaktet waren. Also erging ein Hilferuf nach Marienthal. Ein Anruf genügte und schon schnappte sich ein Freund einen Motorradanhänger, lud ein Ersatzfahrzeug auf und eilte von Marienthal aus nach Wissembourg.
Die Mopedfreunde haben dazu einen Plan geschmiedet, der es erlaubte, die Zeitvorgaben einzuhalten. Denn während Phillippe auf sein neues Moped wartete, machte sich die Gruppe auf, über Lemberg entlang der ehemaligen Maginot-Linie, deren Bunkeranlagen dort noch teilweise besichtigt werden können, in Richtung Hagenau zu fahren. Ihr Kollege sollte dann sein Moped ebenfalls auf den Motorradanhänger verladen und die Gruppe dann einholen.
Das klappte auch. Nach einem kurzen Telefonat war der Treffpunkt schnell vereinbart. In Obernai traf man sich wieder und verband das gleich mit einem gemeinsamen Mittagessen, bei dem man sich auch bei dem Helfer für seinen Einsatz herzlich bedankte.
Nun ging es wieder zusammen die Elsässer Weinstraße entlang, teilweise über wenig befahrene Wirtschaftswege. Nach einem Zwischenstopp in Ribeauvillé mit seiner pittoresken Fußgängerzone mit Burgenblick näherte man sich ohne Zwischenfälle dem Tagesziel, dem Hotel Le Panorama in Hohrodberg – und das ganze sogar rechtzeitig genug, um noch ein paar Runden im Hallenbad zu schwimmen und vor dem Abendessen im Whirlpool zu relaxen. Die Zeit reichte sogar noch für ein Bier auf der Panorama-Terrasse in der Abendsonne mit Blick auf die Käse-Stadt Munster. Mit typisch regionalen Spezialitäten lockte das Menü am Abend.
Am dritten Tag stand die schwierigste und längste Etappe bevor. In Richtung Col de la Schlucht schraubten sich die Mopeds vorbei am Lac Blanc auf knapp 1.200 Höhenmeter, bevor die von Tourguide Christopher Klein mit seinem Navi ausgewählte Strecke über schmale geteerte Waldwege quer durch einsame Täler der Vogesen führte. Ab hier war es eher ein „Mopedwandern“ über einsame Strecken.

Unterwegs kam man an einigen Kriegsdenkmälern und Kriegsgräbern vorbei, die jeden daran erinnerten, welche friedensstiftende Idee hinter dem vereinten Europa steht, wo man sich über Grenzen hinweg frei bewegen und freundschaftlich begegnen kann, während nur wenige Jahrzehnte zuvor Menschen durch die Politik in bewaffnete Auseinandersetzungen getrieben und geopfert wurden.
Auf kleinen Straßen ging es dem Ziel entgegen und nur ein abgerüttelter Auspuff an der Zündapp von Frank Mengs sorgte für einen kurzen Stopp.
In den Vogesen-Dörfern wurde die Landflucht nur allzu augenfällig. Leere und zum Verkauf stehende Gebäude, ein zentraler Marktplatz, um den herum etliche Häuser aufgegeben wurden mit einer eher maroden Dorfkneipe, wo die Einnahmen schon lange nicht mehr ausreichen, um die sanitären Anlagen zu renovieren, zeugten vom morbiden Charme der Gegend, um deren Zukunft sich französische Politiker wohl ernsthaft sorgen müssen. Dieser Eindruck vermittelte sich den Mopedfreunden anlässlich der Mittagsrast.
Auf dem weiteren Weg durch das Département Moselle folgten touristisch interessante Eindrücke von der herrlichen Seenlandschaft mit großen und kleinen natürlichen Seen, wie dem Étang de la Blanche.
Um 1880 wurden der Canal de la Marne au Rhin (Rhein-Marne-Kanal) und der Canal des Houillières de la Sarre (Saarkanal) durch den See geführt und teilen ihn seitdem in mehrere Teile. Der Étang de Gondrexange wurde damals vergrößert und dient seitdem als Wasserreservoir für die beiden Kanäle.
Nach gut 220 Kilometern ohne größere Reparaturen konnte man im Biker-Hotel Bliesbrück in Herbitzheim erst einmal ein Feierabendbier genießen und sich am Buffet ordentlich satt essen. Die anderen Motorradfahrer staunten nicht schlecht über die Wegstrecke, die mit den kleinen 50 ccm-Maschinen zurückgelegt wurden. Zu sehen gab es an dem Abend auch noch einiges, wie eine fahrtüchtige Triumph aus dem Jahr 1927 oder die Fahrkünste auf einem Hochrad.
Auch bei der letzten Etappe strahlte die Sonne. Bis hinter Homburg musste man sich auf größeren Straßen fortbewegen, die teilweise kilometerlang geradeaus verliefen – kein Spaß für Mopedfahrer. Aber dann gab es wieder die Chance, die Mopeds auf kleine Nebenstraßen zu lenken, die teilweise so schmal waren, dass es Ausweichstellen für den Begegnungsverkehr gab. Für die Mittagsrast hatte man die Stadt Meisenheim am Glan ins Auge gefasst, die mit ihrer historischen Altstadt ein Juwel im Naheland ist. Glanzstück ist etwa das spätgotische Rathaus aus dem Jahr 1508. Doch richtig begeistert war die Gruppe vom örtlichen Brauhaus, wo man sich für die restliche Strecke stärken konnte.
Ein Stück auf der Nahe-Weinstraße bei Guldental entlang näherte sich die Gruppe nun wieder der Heimat. Mit der Fähre in Bingen wechselte man wieder ans heimische Ufer und wurde von ganz normalen Chaos vor der Rüdesheimer Schranke empfangen. Allein für die letzten zehn Kilometer benötigte man eine Dreiviertelstunde, bis man am CMC-Clubheim in Marienthal die Motoren ausmachen konnte. Mit dem festen Vorsatz, im kommenden Jahr wieder mit den 50-ccm-Oldtimern auf Tour zu gehen, stieß man auf eine gelungene Reise an.

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